Ich habe Dir in meinen letzten drei Blog-Beiträgen jeweils verschiedene Rituale vorgestellt, die Menschen gerne zelebrieren, besonders in der Advents- und Weihnchtszeit und zum Jahresende. Riten und Bräuche, die Glück und Zufriedenheit versprechen, sind in dieser Zeit besonders beliebt. Im letzten Teil meiner Reihe geht es um Silvester- und Neujahrsbräuche aus aller Welt. Da kannst Du vielleicht etwas Neues für Dich entdecken. Auch wenn Orakel nicht immer halten, was sie prophezeien, so bringen sie doch eine Menge Spaß.
Silvester- und Neujahrsbräuche in Deutschland
Raclette, Fondue und Feuerzangenbowle gehören für uns zu Silvester ebenso dazu wie Dinner for One und Bleigießen. Viele putzen am letzten Tag des Jahres nochmal die Wohnung, tragen den Müll raus und begleichen ihre Schulden, um sich von Altlasten zu befreien, leicht und positiv ins Neue Jahr starten zu können. So ist es hierzulande Brauch, an Silvester Marzipanschweinchen zu verschenken oder auch vierblättrigen Klee, der Glück bringt. Punkt 12 ertönt von den Kirchtürmen Glockengeläut und überall gehen kleinere und größere Feuerwerke los. In Berlin am Brandenburger Tor steigt jedes Jahr eine große Silvesterparty mit internationalen Stars und Sternchen, die mehrere hunderttausend Zuschauer musikalisch erfreuen.
Es gibt unzählige Rituale zu Silvester und Neujahr. Sie sind von Bundesland zu Bundesland und von Familie zu Familie verschieden. Bei uns zuhause wird abends mit Freunden schön gegessen, sich unterhalten oder ein paar Spiele gespielt. Dann gibt es Feuerzangenbowle.
Um Mitternacht wird mit Sekt oder Champagner angestoßen, danach gibt es entweder eine herzhafte Mitternachtssuppe oder gefüllte Pfannkuchen (Berliner). In meiner Heimat bei Koblenz gibt es traditionell Neujahrskränze aus Hefe. Als ich noch ein Kind war und noch zuhause bei meinen Eltern wohnte, schaute ich an jedem 1. Januar mit meinem Vater das traditionelle Neujahrsskispringen im Fernsehen an.
Silvester- und Neujahrsbräuche in aller Welt
Aber nicht nur bei uns gibt es Silvester- und Neujahrstraditionen, sondern in der ganzen Welt:
Spanien: Mitternachtsglocken und Weintrauben
haben dort eine große Bedeutung. Wer es schafft, bei jedem Glockenschlag eine Weintraube zu verzehren, darf sich etwas wünschen. In spanischen Supermärkten werden daher jedes Jahr zu Silvester Weintrauben im 12er-Pack angeboten. Und in den Kneipenvierteln verkaufen fliegende Händler kurz vor 12 noch ein Dutzend Trauben im Plastiktütchen — natürlich zu überhöhten Preisen.
Italien: Linsen und rote Unterwäsche
Wer in Italien glücklich und erfolgreich sein will, “rutscht” mit roter Unterwäsche ins Neue Jahr. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Tanga oder eine Boxershorts handelt. Wäsche- und Dessousläden stellen daher rechtzeitig ihr Sortiment auf rot um. Zum Essen gibt es traditionell Linsen, diese sollen Geldsegen und Glück bringen.
Tschechien: Bleigießen und Apfelkernorakel
Auch in Tschechien gibt es ein Mitternachtsessen mit Linsen. Die Linsen symbolisieren einen reichen Geldsegen. Wie in Deutschland wird in den Familien Blei gegossen und orakelt, um welches Symbol es sich hier handeln könnte, ob es wohl Glück oder Unglück bringt. Oft wird aber auch ein Apfel halbiert. Am Kerngehäuse wird dann die Zukunft abgelesen. Wenn die Kerne ein Kreuz bilden, droht Unheil, stehen sie in Sternform, bringen sie Glück.
Argentinien: Akten werden zu Konfetti
Um sich symbolisch von Altlasten zu befreien, machen die Menschen in Argentinien am letzten Tag des Jahres aus ihren Dokumenten Konfetti und werfen sie in der Neujahrsnacht aus dem Fenster. Ein lustiger und nützlicher Brauch, wie ich finde.
Brasilien: Blumenmeer und weiße Kleider
In Rio de Janeiro an der Copacabana werfen die Menschen Blumen ins Meer. Wenn die Blumen untergehen, erfüllen sich die Wünsche für das kommende Jahr. Werden sie wieder an den Strand gespült, bleibt der Wunsch unerfüllt. Traditionell tragen die Menschen an diesem Tag weiße Kleidung. Sie steht für Reinheit und Frieden und verheißt einen glücklichen Start ins Neue Jahr.
Japan: Mochis — Glück oder Tod
Zur Jahreswende werden in Japan traditionell Mochis serviert. Das sind Klöße aus klebrigem Reis. Sie sollen Glück für das nächste Jahr bringen und ein langes Leben versprechen. Kurzfristig hat dieser Brauch allerdings schon manchen Japaner das Leben gekostet. Viele sind an der klebrigen Konsistenz der Klöße erstickt. Inzwischen haben die Japaner jedoch gelernt, dies zu verhindern und sind Experten im Erste-Hilfe-Leisten geworden. Sollte ein Tischnachbar rot anlaufen oder bereits am Boden liegen, wenden fünf Schläge zwischen die Schulterblätter die Notsituation ab, und der Erstickende wird vor dem qualvollen Glücksklößchen-Tod bewahrt.
China: Mandarinen für die Liebe
Im Reich der Mitte werfen Unverheiratete Mandarinen ins Meer und hoffen auf Glück in der Liebe im kommenden Jahr. Gefeiert wird ruhig und besinnlich im Kreise der Familie. Und obwohl die Chinesen das Feuerwerk erfunden haben, gibt es dies an Silvester nicht. Dafür wird das chinesische Neujahrsfest traditionell nach dem Mondkalender begangen. Viele Menschen reisen dann in ihre Heimatdörfer. Fast eine Woche steht die Welt in China dann still. Am Vorabend des Neujahrsfestes (in China der Frühlingsanfang) werden kleine Teigtaschen gegessen. Ihre Form erinnert an alte chinesische Geldstücke und verspricht Glück und Reichtum. Dann kommt endlich das Feuerwerk zum Einsatz, das den ganzen Abend gezündet wird.
Russland: Väterchen Frost und Schneeflöckchen
Auch in Russland wird das Neujahrsfest nicht am 1. Januar, sondern am 13. Januar gefeiert. Das liegt daran, dass die russisch-orthodoxe Kirche sich nicht nach dem Gregorianischen, sondern nach dem Julianischen Kalender richtet. Weihnachten wird daher erst am 7. Januar gefeiert. In der Neujahrsnacht bringen Väterchen Frost und seine Begleiterin Schneeflöckchen (russ. Snegurotschka) die Geschenke. Nach der Präsidentenrede im Fernsehen stößt die ganze Familie auf das Neue Jahr an.
Südafrika: Karneval am Tafelberg
Am Kap der guten Hoffnung beginnen die Menschen das Neue Jahr mit Karneval. Am 2. Januar ziehen viele bunte Karnevalsgruppen mit Trommeln durch Kapstadt, die Stadt am Fuße des Tafelberges. Etwa 10.000 Teilnehmer nehmen an diesem Fest teil, Tanzgruppen, Bands und Chöre in wunderschönen Kostümen. Mehr als 100.000 Menschen säumen die Straßen zum Stadion (ähnlich wie beim Karneval in Rio). Im Stadion finden karnevalistische Tanz- und Gesangswettbewerbe statt. Die Tradition geht auf den “Emancipation Day” zurück, einem Tag in den 1830er Jahren, an dem die Sklaven ihre neu gewonnene Freiheit feierten.
Vielleicht hast Du das eine oder andere Ritual für Dich entdeckt, das Du gerne mal ausprobieren möchtest. Ich finde die rote Unterwäsche und das Konfetti aus Altakten klasse.
Welche Neujahrsbräuche zelebrierst Du mit Deinen Lieben?
Das war der letzte Beitrag in diesem Jahr. Wir sehen und lesen uns im Januar 2016 wieder. Dann verrate ich Dir, was Dich im Neuen Jahr bei mir erwartet. Du darfst gespannt sein.
Ich wünsche Dir einen schönen vierten Advent, ein zauberhaftes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr.
Bildquellen:
Mochis: http://www.yuanfangmagazine.com
Väterchen Frost: Wikipedia (Uneingeschränktes Nutzungsrecht durch den Urheber Imladros)
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