Begriffsdefinition Krise
„Krise“ ist ein aus dem Griechischen stammendes Substantiv zum altgriechischen Verb krínein, welches „trennen“ und „(unter-)scheiden“ bedeutet (auf das gleiche Verb geht auch das Substantiv „Kritik“ zurück). Es bezeichnet „(Ent-)Scheidung“, „entscheidende Wendung“ (Duden) und bedeutet eine „schwierige Situation, Zeit, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt“ (Duden). Dass es sich hierbei um einen Wendepunkt handelt, kann jedoch oft erst konstatiert werden, nachdem die Krise abgewendet oder beendet wurde. Nimmt die Entwicklung einen dauerhaft negativen Verlauf, so spricht man von einer Katastrophe (wörtlich in etwa „Niedergang“).
“Krise ist ein Ereignis oder eine Situation, die als untragbare Schwierigkeit wahrgenommen wird und welche die für die betroffene Person vorhandenen oder im Moment zur Verfügung stehenden Bewältigungsstrategien überfordert “ (James & Gilliland 2001).”
Kurz und knackig:
Krise = emotionaler Ausnahmezustand durch psychosoziale Belastungen — akute Überforderung – zeitlich befristet.
“Als prototypischer Auslöser für Krisen gelten ‘kritische Lebensereignisse’. Das sind (erwartete oder unerwartete) Lebensereignisse mit einer besonderen affektiven Tönung, die von der Person als Einschnitte, Übergänge oder Zäsuren im Lebenslauf betrachtet werden und erhebliche Anpassungsleistungen erfordern (Filipp 1997).”
Krisentypen
a) Lebensveränderungs- oder Entwicklungskrise
Bei Veränderungskrisen handelt es sich um Krisen, die in sozialen oder biologischen Übergangs- oder Ausnahmesituationen auftreten können.
Soziale Ausnahmesituationen:
- Verlassen des Elternhauses
- Heirat
- Geburt
- Berentung
- Trennung
- Partnerverlust
- Wohnortwechsel
- Arbeitslosigkeit
- Unterbringung im Altersheim
Biologische Ausnahmesituationen:
- Pubertät
- Wechseljahre
- Krankheit
- Behinderung
“Kennzeichnend für die Lebensveränderungskrise ist, dass hier der “kritische Zustand” erst nach einer längeren Phase erreicht wird, nachdem die Person in ihren Bewältigungsversuchen gescheitert und erschöpft ist (Berger & Riecher-Rössler 2004).”
Ab wann wird es kritisch?
Es gibt keine objektive Situation, die zwangsläufig eine Krise im Menschen auslöst. Jeder beurteilt seine Situation individuell und subjektiv. Ob wir eine Situation als kritisch erleben, hängt von unserer Einschätzung ab:
- Einschätzung der Bedrohung der Situation
- Einschätzung der Handlungsmöglichkeiten
- Einschätzung des Erfolges der eigenen Handlungen
Es kann also sein, dass sich zwei Personen „objektiv“ in der gleichen Lage befinden, wobei die eine sich „in einer Krise steckend“ empfindet und die andere die Bedrohung als nicht gefährlich oder einengend ansieht.
b) traumatische Krise (Psychotrauma)
Ein Trauma entsteht durch ein überwältigendes Ereignis, das zu schnell, zu heftig, zu früh und/oder unvorbereitet auf den Menschen einwirkt, so dass der Organismus eine übermächtige Bedrohung seiner Existenz erlebt und die normalen Bewältigungsmechanismen überfordert sind. Dies gilt für Menschen und Säugetiere.
Der ICD-10* definiert Psychotrauma wie folgt:
- kurz oder lang anhaltende Ereignisse von
- außergewöhnlicher Bedrohung mit
- katastrophalem Ausmaß, die nahezu bei jedem
- tiefgreifende Verzweiflung auslösen würden
Für traumatische Erfahrungen ist unser Organismus nicht eingerichtet. Dennoch erleiden Menschen und Tiere schreckliche Erfahrungen, die Ohnmacht, Todesangst und Hilflosigkeit hervorrufen.
*International Classification of Deseases (aktuell in der 10. Fassung)
Literaturangaben:
Berger P. & A. Riecher-Rössler (2004): Definition von Krise und Krisenassesment. In: Riecher-Rössler A, Berger P, Yilmaz AT, Stieglitz RD (Hrsg.) Psychiatrisch-psychotherapeutische Krisenintervention. Göttingen: Hogrefe, S. 19–30.
Filipp, H.S. (1997): Kritische Lebensereignisse. München, Urban & Schwarzenberg.
James, R.K. & B.E. Gilliland (2001): Crisis intervention strategies. Pacific Grove, CA, Brooks/Cole.