Wir Idio­ten (von Erich Kästner)

Wie hin­ter fort­ge­weh­ten Hüten,
so jagen wir Ter­mi­nen nach.
Vor lau­ter Hast und Arbeitswüten
liegt unser Innen­le­ben brach.

Wir tra­gen Stoppuhr´n in den Westen
und gur­geln abends mit Kaffee.
Wir het­zen von Geschäft zu Festen
und den­ken stets im Exposé.

Wir rech­nen in der Arbeitspause
und rau­chen fünf­zehn pro Termin
und kom­men meis­tens nur nach Hause,
um fri­sche Wäsche anzuzieh´n.

Wir sind tag­aus, tag­ein ein Traber
und sit­zen kaum beim Essen still.
Wir mer­ken, dass wir Her­zen haben,
erst wenn die Pum­pe nicht mehr will.

Erich Käst­ner


Bei­trags­bild: Ver­weh­ter Hut (Quel­le: meinetapete.de)

2 Gedanken zu „Wir Idio­ten (von Erich Kästner)

  1. Hal­lo Helmut,

    vie­len Dank für Ihre Neu-Inter­pre­ta­ti­on, die den Nagel wohl auf den Kopf trifft. Ich habe vor zwei Tagen eine E‑Mail von Frau Regi­na Fou­qué bekom­men, in der sie mich dar­auf auf­merk­sam macht, dass das Gedicht aus ihrer Feder stammt und wohl im Jahr 1966 von ihr geschrie­ben wur­de unter dem Titel “Wie hin­ter fort­ge­weh­ten Hüten”. Ich habe im Inter­net dazu recher­chiert und fin­de als Autor immer nur Erich Käst­ner. Nun bin ich etwas in der Zwick­müh­le und über­le­ge, das Gedicht von mei­ner Home­page zu neh­men, bevor der wah­re Urhe­ber ein­deu­tig feststeht.

    Viel­leicht kann mir da jemand behilf­lich sein?

    Herz­li­che Grüße

    Syl­via Geiss

  2. Ange­nom­men, Erich Käst­ner wür­de noch leben. Wie wür­de sein Gedicht “Wir Idio­ten” heu­te aus­se­hen. Ich habe ver­sucht, eine Ant­wort zu finden.

    Zeit­geist
    nach Erich Käst­ner, bear­bei­tet von Hel­mut Klein

    Wie hin­ter fort geweh­ten Hüten,
    so jagen wir Pro­jek­ten nach.
    Vor lau­ter Hast und Arbeitswüten
    liegt unser See­len­le­ben brach. 

    Wir tra­gen Smart Pho­nes in den Westen
    und heben ab, auch ohne Flügel.
    Wir hal­ten uns stets für die Besten,
    Face­book heißt uns­re Bibel.

    Wir jagen nach dem schnel­len Geld,
    auch wenn es kei­ner mehr kapiert.
    Wir sind prä­sent in aller Welt
    und stets aufs Höchs­te motiviert. 

    Wir mee­ten ohne Ruhepausen
    und pla­nen Lie­be nach Termin.
    Und kom­men oft nur noch nach Hause,
    um fri­sche Wäsche anzuzieh‘n.

    Wir sind tag­aus, tag­ein am Jagen
    und sit­zen kaum beim Essen still.
    Wir mer­ken, dass wir Her­zen haben,
    erst wenn die Pum­pe nicht mehr will.

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