Die 5 wirksamsten Strategien, mit denen du schnurstracks in die Stress-Hölle fährst
Unsere Erfahrungen machen uns zu dem, was wir sind. Jeden Tag machen wir Erfahrungen, die unser Denken, unsere Gefühle und unser Verhalten beeinflussen, z. B.
- Ein Autofahrer schnappt dir den letzten freien Parkplatz vor der Nase weg
- Der Chef hat dir heute wieder mal eine extra Arbeit aufgebrummt
- Die Bäckereiverkäuferin ist zickig und unfreundlich zu dir
- Der Gemüsehändler hat dir einen angeschmuddelten Salat eingepackt
- Deine Partnerin wirft dir vor, dass du ihr nie zuhörst…
Unsere Gedanken bestimmen unsere Realität und was wir fühlen
Prof. Gerd Kaluza, vom GKM-Institut für Gesundheitspsychologie in Marburg, unterscheidet grundsätzlich zwei verschiedene Bewertungsvorgänge:
1. Die Situation einschätzen:
“Bewertungen, die eine Einschätzung der Situation bzw. der jeweiligen Anforderungen beinhalten. Anforderungen können entweder als neutral-irrelevant, als angenehm-positiv oder als bedrohlich-schädlich bewertet werden.”
Wenn also eine Herausforderung als bedrohlich oder schädlich eingeschätzt wird, spricht man von einer stressauslösenden Bewertung.
“In eine solche Bewertung gehen die gespeicherten Erfahrungen mit früheren vergleichbaren Situationen ein. Persönliche Bedürfnisse, Motive und Ziele stellen […] die Messlatte dar, an der die persönliche Bedeutung der aktuellen Situation eingeschätzt wird, so Kaluza.”
2. Eigene Bewältigungsmöglichkeiten einschätzen:
Hier werden die eigenen Kompetenzen (interne Ressourcen) im Umgang mit der jeweiligen Herausforderung bewertet. Aber auch Unterstützungsmöglichkeiten durch Dritte, auf die bei der Bewältigung der Aufgabe zurückgegriffen werden kann (externe Ressourcen). Diese Bewältigungsmöglichkeiten werden entweder als ausreichend oder aus nicht ausreichend eingeschätzt. Die letztere Bewertung löst Stress aus, ist also ein stresserzeugender Gedanke.
Dabei spielen unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit eine wichtige Rolle. Welche Bewältigungsmöglichkeiten hatten wir früher in vergleichbaren Situationen? Diese Erfahrungen sind sehr prägend und können uns zu der Überzeugung gebracht haben “Ich bin hilflos”. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von der so genannten erlernten Hilflosigkeit (M. Seligman). Diese erlernte Hilflosigkeit wirkt auch in der aktuellen Situation, und wir fühlen uns bei einer bestimmten Anforderung, die an uns gestellt wird, hilflos ausgeliefert.
Haben wir die Erfahrung gemacht, sehr wohl über ausreichende Bewältigungsmöglichkeiten zu verfügen, können diese Erfahrungen unser Vertrauen in unsere eigenen Fähigkeiten stärken. Für die aktuelle Situation kann dies bedeuten, dass wir uns selbst vertrauen und uns etwas zutrauen. Wir fühlen uns der Aufgabe gewachsen.
Ein Beispiel:
Dein Chef brummt dir eine neue Aufgabe auf mit der Äußerung, dass er dafür eine/n kompetente/n Mitarbeiter/in braucht. Jetzt kommt es darauf an, wie du die neue Herausforderung einschätzt und wie du deine eigenen Fähigkeiten bewertest.
- neutral-irrelevant: “Kein Problem. Das mach ich mit links.”
- bedrohlich-schädlich: “Oh, Gott, hoffentlich geht das mal gut. Was, wenn ich das ich das vergeige?”
- angenehm-positiv: “Endlich kann ich zeigen, was in mir steckt. Ich freue mich auf die neue Chance.”
Da du dich selbst am besten kennst, wirst du wissen, wie du dich in solchen Situationen fühlst und ob dir die neue Herausforderung eher angenehm oder eher unangenehm ist.
Stress ist das Ergebnis unserer persönlichen Bewertungen
Wenn du auf destruktiven Stress stehst und dich mal wieder richtig unter Druck setzen willst, gibt es eine Sache, die höchst wirksam ist und die du unbedingt tun solltest:
Stressverstärkende Gedanken denken!
Ja, du hast richtig gelesen. Fahre dazu alle stressverschärfenden Denkmuster ab, die du kennst. Dir fällt gerade keins ein? Kein Problem, ich habe die effektivsten für dich zusammengestellt.
Noch ein Tipp: Halte dich bitte genau an die Anweisungen, sonst funktioniert es nicht!
Und hier sind sie – die 5 wirksamsten Strategien, mit denen du schnurstracks in die Stress-Hölle fährst
Strategie 1: “Das darf doch nicht wahr sein”
Dieser Gedanke taucht auf, wenn du eine unangenehme oder schwierige Situation nicht hinnehmen willst. Du weigerst dich, diese Realität zu akzeptieren. Du hast z. B. im Straßenverkehr einen Unfall verursacht, beim Fußball einen Elfmeter verschossen, der die Meisterschaft kostet. Dein Partner hat dich einen Tag vor der Hochzeit sitzenlassen usw.
In diesen Situationen hat unser Gehirn mächtig viel Platz für Gedanken, wie “das darf doch nicht wahr sein”, “das gibt’s doch nicht”, “das glaube ich jetzt nicht” usw.
Wenn du diese Gedanken denkst, kannst du darauf wetten, dass innerhalb kürzester Zeit die Kampfhormone in deinem System die Oberhand gewinnen. Ärger und körperliche Erregung machen sich breit und werden verstärkt. Du spürst einen Widerstand in der Magengegend und wahrscheinlich auch im Hals.
Ich wette, es gelingt dir mühelos, dich mit diesem Gedanken so richtig in deinen Ärger hineinzusteigern. Gut gemacht. Jetzt wird er dich garantiert daran hindern, dich konstruktiv mit der jeweiligen Situation auseinanderzusetzen und das Beste daraus zu machen. Herzlichen Glückwunsch, du hast es geschafft, dich schnurstracks in die Stress-Hölle zu katapultieren.
Es gibt jedoch noch eine andere Variante dieses “Nicht-wahr-haben-wollens”. Manche Menschen verleugnen regelrecht die Realität. Sie ignorieren, was passiert ist und blenden die Tatsachen aus. Hierbei handelt es sich jedoch um einen psychologischen Schutzmechanismus, der dich davor bewahrt, von allzu schmerzhaften Gefühlen, wie Angst oder Trauer überwältigt zu werden. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn du vom Tod eines geliebten Wesens erfährst oder eine schlimme Krankheitsdiagnose bekommen hast.
Strategie 2: “Alles Scheiße, deine Elli!”
Eine sehr einfache und effektive Strategie, um dir das Leben zur Hölle zu machen, ist es, wenn du deine Aufmerksamkeit ausschließlich auf die Dinge richtest, die schiefgelaufen sind, die dich stören oder dich sonst wie nerven. Das ist doch sicherlich kein Problem für dich, oder? Na bitte, das dachte ich mir doch.
Mit dieser Vorgehensweise gibst du deinen negativen Erfahrungen eine überdimensionale Bedeutung. Und das Beste daran ist, dass du jeglichen vernünftigen Maßstab verlierst und die positiven Dinge einfach ausblendest.
Eine blöde Bemerkung von deiner Freundin, eine kleine Kritik deines Chefs oder ein verschüttetes Glas Wein können dir das ganze Wochenende versauen.
Schließlich fängst du an, diese negativen Erfahrungen zu verallgemeinern mit Gedanken wie “Immer mache ich alles falsch” oder “Ich bin einfach nicht gut genug” usw.
Mit diesen Gedankenschleifen im Kopf kannst du dich mental so einstellen, dass du garantiert auch noch den Rest des Tages Frust verspürst und diesen sogar mit ins Bett nimmst. Jetzt hast du dich auch noch um den Schlaf gebracht. Ist es nicht faszinierend, wie gut das funktioniert?
Strategie 3: Horrorszenarien oder das Ausmalen negativer Konsequenzen
Du stehst vor einer wichtigen Prüfung, einem Vorstellungsgespräch oder einer Operation? Dann tust du gut daran, dir in allen Farben deren negativen Ausgang auszumalen. Bitte sei hier so kreativ wie möglich und entwerfe dir die fantastischsten Horrorszenarien, wenn du dir das Leben zur Hölle machen willst. Stell dir vor, wie du bei der Prüfung scheiterst und mit Pauken und Trompeten durchfällst. Stell dir vor, wie du beim Vorstellungsgespräch mit puterrotem Kopf dasitzt und keinen Ton hervorbringst. Und stelle dir vor, dass du während der Operation vorzeitig aus der Narkose aufwachst.
Das hilft ungemein, die Kampfhormone in deinem System in kürzester Zeit zum Blubbern zu bringen und zu spüren, wie die Angst dir die Kehle zuschnürt.
Auch solltest du tunlichst Gedanken an frühere, ähnliche Situationen oder Erfahrungen vermeiden, in denen du derartige Herausforderungen mit Bravur gemeistert hast.
In der bevorstehenden Situation selbst wird dann mit großer Wahrscheinlichkeit genau das eintreten, wovor du Angst hast. Aber das war ja der Sinn der Sache, oder etwa nicht?
Du siehst, auch diese Strategie funktioniert hervorragend, wenn du dich genau an die Anweisungen hältst.
Strategie 4: Nimm alles möglichst persönlich
Bist du heute Morgen auf dem Bettvorleger ausgerutscht? Hat deine Tochter eine schlechte Note nach Hause gebracht? Streikt der Drucker? Hat dein Nachbar dich schon wieder nicht gegrüßt? Oder bist du in ein Hundehäufchen getreten?
Dann solltest du diese Ereignisse oder Verhaltensweisen unbedingt persönlich nehmen. Rede dir immer wieder ein, dass all dies nur geschieht, um dich persönlich anzugreifen, zu beleidigen oder herabzusetzen.
Hilfreich ist es auch, wenn du dir selbst die Schuld an allem gibst. So wirst du im Laufe des Tages immer wieder Gelegenheiten finden, wo du dich aufregen kannst und in die Luft gehen, wie das HB-Männchen etc.
Praktiziere dies regelmäßig, wenn du deinen Blutdruck dauerhaft erhöhen möchtest oder dir sonst jegliche Aufregung im Leben fehlt.
Strategie 5: Betone stets deine Schwächen
Richte deine Aufmerksamkeit stets auf deine Schwächen, Defizite und Misserfolge. Setze dich ausschließlich mit deinen Schwächen auseinander und ignoriere deine Stärken und Erfolge. Das untergräbt dein Selbstvertrauen, das du eigentlich bräuchtest, um den täglichen Anforderungen des Lebens gelassen und sicher entgegengehen zu können.
Bedenke: Steter Tropfen höhlt den Stein!
So, nun weißt du, was du tun kannst, um dir selbst das Leben schwer zu machen.
Was denn? Du willst das gar nicht? Ja, wozu habe ich dir dann diese nützlichen Tipps zusammengestellt?
Okay, ich habe auch eine gute Nachricht für dich: Du hast nämlich die Wahl! Jawohl. Du kannst selbst bestimmen, was du denken und wie du dich fühlen willst. Positiv oder negativ.
Ist das nicht großartig? Welch eine Macht dir das gibt!
Das bedeutet allerdings auch, dass du für deine Gedanken verantwortlich bist. Denn sie bestimmen deine Realität oder, wie der französische Physiker J.E. Charon sagte:
“Die Welt ist, was ich von ihr denke!”
Du wirst dich vielleicht fragen, wie das gehen soll mit der freien Wahl der Gedanken. Schließlich hast du in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht, die dich bis heute geprägt und dein Denken und Verhalten bestimmt haben. Und nun komme ich daher und verlange vor dir, den Schalter umzulegen und alles anders zu sehen als bisher? Diese Vorstellung läuft dem Gefühl in deiner Magengrube gerade total zuwider?
Oh ja, das glaube ich dir.
Nur, wenn du dir das Leben nicht selbst zur Hölle machen willst, indem du immer wieder die gleichen zerstörerischen Denk- und Verhaltensmuster abfährst, solltest du allmählich damit beginnen, etwas zu verändern.
Und Veränderungen sind (fast) immer mit einem unangenehmen Gefühl verbunden, nicht wahr? Schließlich müssen wir unsere Komfortzone verlassen und uns auf unbekanntes Terrain begeben, wenn wir etwas Neues lernen und uns weiterentwickeln wollen.
Die gute Nachricht: Es gibt nicht nur stressverstärkende Gedanken, sondern auch stressreduzierende, förderliche Gedanken. Darauf komme ich nächste Woche zu sprechen.
Bis dahin kannst du selbst einmal prüfen, welche der vorhin genannten stressverstärkenden Strategien bei dir mehr und welche weniger ausgeprägt sind.
Ach, übrigens: Kennst du die Geschichte von Peter Pan? Erinnerst du dich noch an seinen Ausspruch
“Ein wundervoller Gedanke, und du kannst fliegen”
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