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So hel­fen dir Ritua­le, Stress abzubauen

So hel­fen dir Ritua­le, Stress abzubauen

Frü­her gehör­ten Ritua­le zum All­tag, wie das Ei zum Spi­nat. Der beruf­li­che sowie der pri­va­te All­tag wur­de zu fes­ten Zei­ten und in fest­ge­leg­ten Abläu­fen gestal­tet. Vor dem Essen wur­de gebe­tet, sams­tags war Bade­tag und — nicht zu ver­ges­sen — sonn­tags ging man zum Got­tes­dienst (sofern man reli­gi­ös war).

Heut­zu­ta­ge wer­den lieb­ge­won­ne­ne Gewohn­hei­ten eher belä­chelt, vie­len sind sie sogar pein­lich. Star­re Tra­di­tio­nen sind out und müs­sen auf­ge­bro­chen wer­den. Nur wer fle­xi­bel ist, bringt es auf der Erfolgs­lei­ter nach oben. Aben­teu­er und Adre­na­lin­kicks lie­gen heu­te voll im Trend und tref­fen den Nerv der Zeit.

Dabei ist den meis­ten von uns gar nicht bewusst, dass unser All­tag trotz­dem jede Men­ge Ritua­le ent­hält, die wir aber gar nicht als sol­che betrach­ten. Und manch­mal han­delt es sich um Ritua­le, die uns gar nicht guttun.

Was mei­ne ich damit?

toothbrush-313768_640Ein Ritu­al ist, wie wir wis­sen, eine Hand­lung nach einem fest­ge­leg­ten und immer wie­der­keh­ren­den Ablauf. Die Hand­lung wie­der­holt sich immer auf die glei­che oder annä­hernd ähn­li­che Wei­se. Dabei kön­nen Ritua­le sich im Lau­fe der Zeit durch­aus ver­än­dern. Zeit, Ort oder Dau­er der Hand­lung sind varia­bel und erge­ben sich aus der Situa­ti­on her­aus. Das heißt, dass sich ein Ritu­al nicht zwangs­läu­fig in bestimm­ten Zeit­ab­stän­den wie­der­ho­len muss, son­dern dann aus­ge­führt wird, wenn die Situa­ti­on es erfordert.

Der Gang ins Fit­ness-Stu­dio zwei­mal pro Woche oder der Spa­zier­gang am Sonn­tag­nach­mit­tag sind eben­so Ritua­le wie das Zäh­ne­put­zen am Mor­gen oder die hei­ße Milch mit Honig vor dem Schla­fen­ge­hen. Zei­tung­le­sen beim Früh­stück oder der Genuss des Fei­er­abend­bier­chens nach geta­ner Arbeit gehö­ren eben­falls dazu.

Wel­che Ritua­le führst du täg­lich aus, ohne dass du dir des­sen bewusst bist?

Mache dir ein­mal bewusst, wel­che regel­mä­ßig wie­der­keh­ren­den Hand­lun­gen oder Gewohn­hei­ten du jeden Tag, jede Woche, jeden Monat aus­führst. Schrei­be sie ruhig ein­mal auf. Du wirst erstaunt sein, was da alles zu Tage kommt. Und du wirst mer­ken, dass ein Leben ohne Ritua­le so gut wie unmög­lich ist.

Bei Stress und beson­ders nach trau­ma­ti­schen Erleb­nis­sen kön­nen Ritua­le eine gro­ße Kraft­quel­le sein. Rituale

  • schaf­fen Struktur
  • geben Halt und Sicherheit
  • geben Ori­en­tie­rung
  • wir­ken beru­hi­gend auf das Nervensystem
  • bau­en Stress ab
  • machen Spaß

Ich habe eini­ge Men­schen gefragt, wel­che Ritua­le sie aus­füh­ren, wenn sie Stress abbau­en wol­len. Es kamen die unter­schied­lichs­ten Ant­wor­ten dabei heraus:

  • Eine Kol­le­gin erzähl­te mir, dass sie eine zeit­lang jeden Mor­gen, bevor sie zur Arbeit ging, erst ein­mal eine Vier­tel­stun­de bade­te. So mach­te sie sich fit für den anstren­gen­den Tag.
  • Eine ande­re bade­te jeden Tag nach der Arbeit bzw. vor dem Schla­fen­ge­hen, um zu ent­span­nen und die Anstren­gun­gen des Tages hin­ter sich zu lassen.
  • Ich ken­ne jeman­den, der setzt sich nach der Arbeit an sei­nen Com­pu­ter zuhau­se und spielt Auto­rennen, Soli­taire oder Bal­ler­spie­le. Er sagt, so kön­ne er am bes­ten ent­span­nen und abschal­ten. Dazu kom­me ich spä­ter nochmal.
  • yoga-241609_640Eine Bekann­te geht ein­mal in der Woche zum Tai Chi.
  • Ein Freund macht mit sei­ner Frau zwei­mal pro Woche Aqua-Gymnastik.
  • Eine Frau malt, wenn sie Stress hat. Wenn sie so rich­tig genervt ist und die Din­ge nicht mehr flie­ßen wol­len, schnappt sie sich eine Lein­wand und tobt sich mit ver­schie­de­nen Far­ben nach Her­zens­lust aus.
  • Mei­ne ehe­ma­li­ge Leh­re­rin trinkt jeden Mor­gen vor dem Auf­ste­hen eine Tas­se Tee im Bett. Ihr Part­ner berei­tet ihn für sie zu und ser­viert ihn ihr ans Bett.
  • BauchtanzEine Freun­din besucht zwei­mal wöchent­lich einen Zum­ba-Kurs und geht zusätz­lich ein­mal pro Woche noch zum Tan­zen, um ihren All­tags­stress abzubauen.
  • Eine ande­re macht lan­ge Spa­zier­gän­ge, um ihren Kopf frei zu bekommen.

Ich selbst habe auch ver­schie­de­ne Ritua­le zum Stressabbau:

TeezeremonieSo mache ich klei­ne Acht­sam­keits­übun­gen, wie z. B. einen Moment inne­hal­ten und eine Minu­te lang mei­nen Atem beob­ach­ten. Ich mag auch Kurz­me­di­ta­tio­nen. Dazu set­ze ich mich in den Schnei­der­sitz, schlie­ße die Augen und gehe in mich, ohne eine Absicht zu ver­fol­gen oder etwas zu wol­len. So kom­me ich in einen ange­nehm ent­spann­ten Zustand.

Wenn ich unru­hig, unkon­zen­triert oder genervt bin, ste­he ich auf und gehe auf mei­nen Bal­kon. Dort schaue ich ins Grü­ne, neh­me eini­ge Atem­zü­ge oder set­ze mich hin und trin­ke einen Kaf­fee oder Tee. Manch­mal gehe ich auch in den Wald und umar­me einen Baum. Die­se Mini-Ritua­le hel­fen mir, mich zwi­schen­durch ein wenig zu ent­span­nen, Druck und Stress loszulassen.

Ritua­le, die nicht guttun

ComputerspielSo, nun kom­me ich noch ein­mal auf den Freund zurück, der behaup­tet, mit Com­pu­ter­spie­len kön­ne er sich am bes­ten entspannen.

Fakt ist: Das kann er nicht! Erwie­se­ner­ma­ßen kön­nen wir nicht ent­span­nen, wenn wir am Com­pu­ter arbei­ten, auch wenn es sich dabei nur um ein Spiel han­delt. Wir sind dabei in stän­di­ger Anspan­nung. Wir fie­bern mit und rut­schen unru­hig auf unse­rem Stuhl hin und her oder wech­seln stän­dig unse­re Sitz­hal­tung. Die Mus­ku­la­tur ist ange­spannt, der Blut­druck erhöht, der Puls geht schnel­ler, die Atmung ist flach, mög­li­cher­wei­se hal­ten wir sogar den Atem an, wenns im Spiel gera­de brenz­lig wird.  Gewalt­vol­le Bal­ler­spie­le, bei denen wir ande­re Wesen abweh­ren oder töten sol­len, wir­ken kei­nes­falls ent­span­nend auf uns, weder auf Kör­per, See­le noch Geist.

Selbst wenn wir uns immer wie­der sagen, dass es sich NUR um ein Spiel han­delt, so nimmt unser Gehirn und unser Unter­be­we­wusst­sein die Hand­lung, die da läuft und in die wir beim Spie­len ein­ge­bun­den sind, als Rea­li­tät wahr. Die elek­tri­sche Strah­lung tut ihr Übri­ges dazu. Nächt­li­che Unru­he, Schlaf­stö­run­gen oder Alp­träu­me sind da kei­ne Sel­ten­heit. Wer da am nächs­ten Tag aus­ge­ruht zur Arbeit oder zur Schu­le muss, soll­te den Abend lie­ber ruhi­ger aus­klin­gen las­sen als mit Spät­nach­rich­ten im Fern­se­hen oder Computerspielen.

Was mein Freund hier tat­säch­lich mein­te und auch geäu­ßert hat, ist, dass er beim Com­pu­ter­spiel abschal­ten kann vom All­tags­ge­sche­hen.  Und das glau­be ich ihm aufs Wort, denn er ist ein Meis­ter der All­tags-Dis­so­zia­ti­on*. Wenn ihm etwas auf den Keks geht, schal­tet er inner­lich ein­fach auf einen ande­ren Kanal um, als hät­te er eine ein­ge­bau­te Fern­be­die­nung. Ich gebe zu, dass ich ihn dafür manch­mal beneide.

Aller­dings ist er auch Meis­ter im Ver­drän­gen, und bekannt­lich drängt das Ver­dräng­te ja irgend­wann nach oben. Ver­drän­gung ist ein Schutz­me­cha­nis­mus, der bewusst oder unbe­wusst ein­ge­setzt wird, um uns nicht zu über­for­dern. Aller­dings ist dies auf Dau­er nicht gesund. Manch­mal ist die Aus­ein­an­der­set­zung mit einem bestimm­ten The­ma sinn­vol­ler. Dann kann der Kon­flikt offen­ge­legt wer­den und der damit ver­bun­de­ne Stress und Druck kann ein Ven­til fin­den und abge­baut wer­den. Über Jah­re auf­ge­stau­ter Druck kann irgend­wann zu Blut­hoch­druck, Herz­in­farkt oder Schlag­an­fall füh­ren. Im schlimms­ten Fall schnappt die Psy­che über und es kommt zu Spon­tan­hand­lun­gen, wie Sui­zid­ver­su­che oder Amokläufe.

Ritua­le, die guttun

Du hast vor­hin schon eini­ge Ritua­le ken­nen­ge­lernt, die Men­schen anwen­den, um  Span­nun­gen und Blo­cka­den zu lösen und wie­der frei durch­zu­at­men oder gut schla­fen zu können.

Hier fal­len mir noch ein paar Ritua­le ein, die dir hel­fen kön­nen, Stress abzu­bau­en und zu entspannen:

Ritua­le am Morgen

  • Kaffee trinkenVor dem Auf­ste­hen ein paar Deh­nungs­übun­gen im Bett machen. Recke und stre­cke dich und gäh­ne dabei laut.
  • Vor dem Duschen die Haut mit einem Hand­schuh oder einer Bürs­te tro­cken­bürs­ten. Dabei von unten nach oben arbei­ten zum Her­zen hin. So fährst du dein Sys­tem hoch und machst dich fit für den Tag.
  • Gemüt­lich früh­stü­cken, ohne Hast…

Ritua­le am Abend

  • FußbadFra­ge dich eine Zeit­lang vor dem Schla­fen­ge­hen: was war heu­te schön — wofür bin ich dank­bar — was habe ich heu­te gelernt — wen lie­be ich — wer darf mich lieben?
  • Ein Fuß­bad oder Voll­bad bei Ker­zen­schein und dei­ner Lieblingsmusik.
  • Vor dem Ein­schla­fen kannst du gedank­lich dei­nen Kör­per durch­fors­ten und ihn wahr­neh­men. Fang beim Kopf an und gehe dann run­ter bis in die Zehen. So fährst du dein Sys­tem run­ter und kannst gut ent­span­nen. Ich schla­fe oft dar­über ein.
  • Ein kur­zer Spa­zier­gang an der Abend­luft (viel­leicht musst du sowie­so mit dem Hund raus?).
  • Ein Gebet…

Kennst du noch wei­te­re Ritua­le? Wie ver­bringst du bei­spiels­wei­se dei­ne Mit­tags­pau­se? Wel­che Ritua­le hast du für dich ent­deckt, um mit Stress fer­tig­zu­wer­den? Wel­che funk­tio­nie­ren gut? Wel­che weni­ger gut? Viel­eicht hast du dir ja eige­ne Ritua­le geschaffen.

Beach­te:

meditation-609235_640Ritua­le soll­ten nicht als Ersatz­be­frie­di­gung oder zur Ver­drän­gung ver­wen­det wer­den. Es hilft auch nichts, beson­ders vie­le ver­schie­de­ne Ritua­le aus­zu­füh­ren oder ein und das­sel­be Ritua­le drei­ßig Mal am Tag zu wie­der­ho­len. Das wäre kon­tra­pro­duk­tiv. Viel­mehr sol­len Ritua­le dir hel­fen, dei­ne Auf­merk­sam­keit für eine kur­ze Zeit nach innen zu rich­ten. Je inten­si­ver die damit ver­bun­de­nen Gefüh­le sind (im posi­ti­ven Sin­ne natür­lich), des­to bes­ser ist die beru­hi­gen­de Wir­kung auf dein Ner­ven­sys­tem. Die gestör­ten Infor­ma­ti­ons­flüs­se zwi­schen Ner­ven­zel­len wer­den synchronisiert.

Füh­re daher dei­ne Ritua­le acht­sam und bewusst aus und las­se sie nicht zur Rou­ti­ne wer­den. Sonst ver­lie­ren sie ihre heil­sa­me Wirkung.

Schrei­be mir, ich freue mich auf dei­ne Erfahrungen.


*Begriffs­er­klä­rung: Alltags-Dissoziation

Dis­so­zia­ti­on (= Aus­blen­den, Abschalten)

Dis­so­zi­ie­ren hilft, ein Trau­ma zu über­le­ben. Grund­sätz­lich ist Dis­so­zia­ti­on ein All­tags­phä­no­men und das Gegen­teil von Asso­zia­ti­on. Wir dis­so­zi­ie­ren und asso­zi­ie­ren stän­dig. Wir fügen zusam­men und tren­nen oder schie­ben zur Sei­te. Unser Gehirn fil­tert aus, was es als

  • zu unwich­tig oder
  • zu bri­sant

ein­schätzt.

Es gibt Men­schen, die im größ­ten Tru­bel alles um sich her­um ver­ges­sen. Sie blen­den Geräu­sche und Bewe­gun­gen um sie her­um aus und ver­tie­fen sich in ein Buch. Wer gut dis­so­zi­ie­ren kann, kann sich aus der zusam­men­hän­gen­den Wahr­neh­mung der All­tags­rea­li­tät ein­fach “weg­bea­men”[1].

Aller­dings ist eine gute dis­so­zia­ti­ve Fähig­keit im All­tag kein unbe­ding­ter Hin­weis dar­auf, dass Dis­so­zia­ti­on auch in extre­men Stress-Situa­tio­nen als Abwehr­me­cha­nis­mus zum Ein­satz kommt.

[1] Huber, M. (2007):  Trau­ma und die Fol­gen. Trau­ma und Trau­ma­be­hand­lung Teil 1, S. 53 ff. – 3. Aufl., Jun­fer­mann Verlag.

Kleiner Junge mit Hund

Tie­ri­sche Therapeuten

Tie­re als Hel­fer in The­ra­pie und Pädagogik

Vie­le Men­schen haben ein Haus­tier, ich behaup­te ein­mal, die meis­ten von uns. Und jeder, der ein Haus­tier zu sich nimmt, tut das aus ganz bestimm­ten, indi­vi­du­el­len Gründen.

TiereHelfer

Die Wis­sen­schaft hat sich in den letz­ten Jah­ren ver­mehrt mit der Wir­kung von Tie­ren auf Men­schen befasst. Lei­der hinkt Deutsch­land mit der Erfor­schung der “ani­mal assis­ted the­ra­py”, wie die tier­ge­stütz­te The­ra­pie in den angel­sä­schi­schen Län­dern heißt, mal wie­der hin­ter­her. In den USA erschien bereits im Jahr 1969 das ers­te Werk zu die­sem The­ma, und es gibt wei­ter­hin dazu viel Fachliteratur.

Doch inzwi­schen inter­es­sie­ren sich immer mehr Päd­ago­gen und The­ra­peu­ten aus ver­schie­de­nen Rich­tun­gen für die tier­ge­stütz­te The­ra­pie bzw. tier­ge­stütz­te Inter­ven­tio­nen und set­zen auch Tie­re bei ihrer Arbeit ein. Mitt­ler­wei­le gibt es sogar pro­fes­sio­nel­le Wei­ter­bil­dun­gen für Heil­päd­ago­gen, Sozi­al­ar­bei­ter oder auch Ergo­the­ra­peu­ten in tier­ge­stütz­ter Therapie.

Tie­ri­sche Therapeuten

Tie­re haben beim Men­schen posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen, z. B.

  • Sen­kung des Blutdrucks
  • Reduk­ti­on der Herzfrequenz
  • Hor­mon­haus­halt
  • Mus­kel­to­nus
  • Wahr­neh­mung (wird gefördert)
  • Ent­span­nung im Gesicht (Mund-/Au­gen­par­tie)
  • Stim­me wird wei­cher (Fre­quenz steigt)
  • Erhö­hung der Aufmerksamkeit
  • Erhö­hung der Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Leistungsfähigkeit

Die Ent­wick­lung der Bezie­hung zwi­schen Mensch und Tier

elephant-375_640Men­schen und Tie­re leben schon seit Ewig­kei­ten zusam­men. Im Lauf der Geschich­te domes­ti­zier­te der Mensch die Tie­re und setz­te sie für die Arbeit ein, z. B. auf dem Feld. Je mehr sich der Mensch kul­tu­rell ent­wi­ckel­te, des­to mehr ver­än­der­te sich auch die Bezie­hung zwi­schen Mensch und Tier. In prä­his­to­ri­schen Hoch­kul­tu­ren spiel­ten Tie­re eine wich­ti­ge Rol­le. So gal­ten bei­spiels­wei­se Kat­zen bei den alten Pha­rao­nen als hei­li­ge Tie­re. In Indi­en sind es bis heu­te noch die Kühe. In ande­ren Tei­len der Welt gel­ten Ele­fan­ten als heilig.

Trotz­dem wur­den Tie­re als nie­de­re Wesen ange­se­hen, die kei­ne See­le besa­ßen. Erst Aris­to­te­les (384–322 v. Chr.) sprach den Tie­ren eine See­le zu. Unter ver­schie­de­nen reli­giö­sen Ein­flüs­sen änder­te sich die­se Sicht­wei­se jedoch immer wie­der. Der Mensch ist in der Lage, über sich selbst nach­zu­den­ken, das Tier nicht, hieß es. Daher stell­te man den Men­schen über das Tier und nahm sich das Recht her­aus, das Tier nach Belie­ben zu benutzen.

Erst im 18. Jahr­hun­dert begann ein Umden­ken. Der Phi­lo­soph und Natur­for­scher Jean-Jac­ques Rous­se­au fand her­aus, dass Tie­re sehr­wohl ein Emp­fin­dungs­ver­mö­gen haben. Und so nahm man nicht mehr allein die geis­ti­ge Leis­tung als Maß­stab, son­dern ent­deck­te Gemein­sam­kei­ten zwi­schen Mensch und Tier, näm­lich über das Füh­len und die Sen­si­bi­li­tät. Damit ver­än­der­te sich erneut die Mensch-Tier-Bezie­hung. Nicht zuletzt durch die moder­ne Ver­hal­tens­for­schung, die her­aus­fand, dass Tie­re lei­dens­fä­hig sind.

War das Tier frü­her über­wie­gend Jagd­ge­fähr­te oder Arbeits­tier, so nimmt es heu­te einen immer wich­ti­ge­ren Stel­len­wert im sozia­len Bereich ein: das Tier als Freund und Familienmitglied.

Was ist tier­ge­stütz­te Therapie?

Grund­sätz­lich lässt sich sagen, dass sowohl in der The­ra­pie als auch in der Päd­ago­gik bzw. sozia­len Pro­jek­ten Tie­re als Hel­fer ein­ge­setzt wer­den mit dem Ziel, das psy­chi­sche und kör­per­li­che Wohl­be­fin­den oder das Sozi­al­ver­hal­ten zu ver­bes­sern, Ängs­te abzu­bau­en, Span­nun­gen zu lösen und vie­les mehr.

Wel­che Vor­aus­set­zun­gen muss ein Tier haben, um als Hel­fer ein­ge­setzt zu werden?

Nicht jedes Tier eig­net sich als The­ra­pie-Tier. Um bei einer The­ra­pie ein­ge­setzt zu wer­den, muss das Tier bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen erfül­len. Es muss

  • gesund und gepflegt
  • kon­takt­freu­dig und neu­gie­rig sein und
  • ein freund­li­ches Wesen haben

Es kann vor­kom­men, dass jemand mit moto­ri­schen Stö­run­gen das Tier etwas fes­ter anpackt als ein gesun­der Mensch. Oder dass sich auf­grund von psy­chi­schen Beein­träch­ti­gun­gen, Ängs­ten oder emo­tio­na­len Belas­tun­gen ein Mensch nicht so ver­hält, wie er es sonst tun wür­de. Daher ist ein freund­li­cher und gedul­di­ger Cha­rak­ter des Tie­res unabdingbar.

Wel­che Tie­re sind als Co-The­ra­peu­ten geeig­net und wo wer­den sie eingesetzt?

HUNDE
Der Hund als BegleiterIm medi­zi­ni­schen Bereich wer­den Hun­de ger­ne in der Logo­the­ra­pie eingesetzt.

Aber auch Kran­ken­häu­ser, Alten- und Pfle­ge­hei­me, Behin­der­ten­ein­rich­tun­gen, Erzie­hungs­hei­me und sogar Jus­tiz­voll­zugs­an­stal­ten wer­den im Rah­men von Tier­be­suchs­diens­ten besucht. In den USA wir­ken­The­ra­pie­hun­de schon seit vie­len Jah­ren in Kran­ken­häu­sern am Hei­lungs­pro­zess von Pati­en­ten mit z. B. schwe­ren Kopf- oder Rücken­mark­ver­let­zun­gen, Ampu­ta­tio­nen, Schlag­an­fäl­len und neu­ro­mus­ku­lä­ren Beein­träch­ti­gun­gen mit.

Inzwi­schen gibt es sogar Hun­de, die dar­in aus­ge­bil­det wer­den, Krebs zu erschnüf­feln,  bevor­ste­hen­de Epi­lep­sie-Anfäl­le oder eine Unter­zu­cke­rung bei Dia­be­tes-Erkrank­ten zu erkennen.

Aber nicht nur im kör­per­li­chen, son­dern auch im see­li­schen Bereich sind Hun­de eine gro­ße Hil­fe. In psych­ia­tri­schen Abtei­lun­gen oder psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Pra­xen wird ger­ne mit Hun­den gear­bei­tet. Der Kör­per­kon­takt zum Hund durch Strei­cheln und Kuscheln wirkt sich wohl­tu­end auf die See­le des Men­schen aus.

PFERDE
arabian-horse-656756_640Auch mit dem Pferd ist ein enger kör­per­li­cher Kon­takt mög­lich. Die Hip­po­the­ra­pie wird in der Haupt­sa­che zur Lösung von Ver­kramp­fun­gen und zur För­de­rung von Gleich­ge­wicht und Bewe­gung ein­ge­setzt. Heil­päd­ago­gi­sches oder the­ra­peu­ti­sches Rei­ten wird bei­spiels­wei­se ger­ne bei Sucht­pa­ti­en­ten oder bei ver­hal­tens­auf­fäl­li­gen Kin­dern und Jugend­li­chen eingesetzt.

Eben­so bei Men­schen mit Sprach­stö­run­gen oder mit psy­chi­schen bzw. psy­cho­so­ma­ti­schen Beein­träch­ti­gun­gen ist die Pfer­de­the­ra­pie sehr beliebt. Pfer­de und Esel wer­den auch ger­ne im Rah­men einer Angst­the­ra­pie ein­ge­setzt. Denn das Füh­ren eines so gro­ßen Tie­res baut Unsi­cher­hei­ten ab und stärkt das Selbst­ver­trau­en. Ein Pferd lässt sich näm­lich nur füh­ren, wenn man sich selbst ganz sicher ist, wohin man will und das auch aus­strahlt. Schon die kleins­te Unauf­merk­sam­keit genügt, und das Pferd macht was es will und nicht, was der Pati­ent möchte.

DELPHINE
DelfintherapieDel­phin-The­ra­pien gehö­ren zu den bekann­tes­ten The­ra­pie­for­men mit Tie­ren. Sie wer­den haupt­säch­lich bei Kin­dern ange­wen­det, z. B. bei Autis­mus, dem Down-Syn­drom oder geis­ti­gen Behinderungen.

Die The­ra­pie fin­det im Was­ser statt, was einen beson­de­ren the­ra­peu­ti­schen Effekt auf den Pati­en­ten hat: das Getra­gen­wer­den im Was­ser, die Wär­me der Son­ne, die Wel­len­be­we­gun­gen des Was­sers und natür­lich der Kon­takt zum Del­phin haben eine über­aus posi­ti­ve Wir­kung auf den Patienten.

Del­phi­ne kön­nen erken­nen, ob eine Frau schwan­ger ist. Über ihr Sonar neh­men sie wahr, dass im Bauch der Frau noch ein Herz schlägt. Das zieht sie magisch an.

Ent­span­nung, Zufrie­den­heit, Stei­ge­rung der Kom­mu­ni­ka­ti­on, län­ge­re Pha­sen der Auf­merk­sam­keit sind posi­ti­ve Effek­te der Delphin-Therapie.

NUTZTIERE:
Nutztiere als TherapeutenKühe, Scha­fe, Zie­gen, Schwei­ne, Gän­se etc.
Nutz­tie­re wer­den oft auf Bau­ern­hö­fen ein­ge­setzt, die sich auf Tier-The­ra­pien spe­zia­li­siert haben.

Hier woh­nen und arbei­ten Men­schen mit geis­ti­ger Behin­de­rung, psy­chisch oder psycho-sozi­al Beein­träch­tig­te, Sucht­kran­ke, Demenz­er­krank­te oder ver­hal­tens­auf­fäl­li­ge Kin­der und Jugend­li­che. Auch Ex-Häft­lin­ge wer­den mit der Pfle­ge eines oder meh­re­rer Tie­re auf dem The­ra­pie-Bau­ern­hof betraut. Dies dient der Ver­bes­se­rung des Sozi­al­ver­hal­tens im Rah­men von Re-Sozialisierungsmaßnahmen.

SONSTIGE TIERE
Haustiere als Therapeuten und BegleiterKat­zen, Vögel, Meer­schwein­chen oder Fische wer­den in Kran­ken­häu­sern, Anstal­ten oder Kli­ni­ken ein­ge­setzt, wo sie durch ihre blo­ße Anwe­sen­heit wirken.

Dabei ist zu sagen, dass Kat­zen sich durch eine Beson­der­heit aus­zeich­nen. Sie set­zen oder legen sich ger­ne auf ener­ge­ti­sche Stör­fel­der, z. B. Wasseradern.

Für wen sind Tie­re als Co-The­ra­peu­ten geeignet?

Die Fra­ge wur­de zum Teil schon beant­wor­tet, hier noch ein­mal zusammengefasst:

  • Ver­hal­tens­auf­fäl­li­ge Kin­der, Jugend­li­che und Erwachsene
  • Kin­der und Jugend­li­che in psch­ia­tri­schen und psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Ein­rich­tun­gen oder Pra­xen: Schwel­len­ängs­te wer­den abge­baut. Tie­re ver­mit­teln eine ent­spann­te und ver­trau­ens­vol­le Atmo­sphä­re, die Angst vor dem The­ra­peu­ten oder der The­ra­pie wird genommen.
  • Senio­ren und Bewoh­ner von Pfle­ge­hei­men: Oft sind die­se Men­schen allei­ne und haben nie­man­den, der sie besucht. Auch das Knüp­fen von neu­en Kon­tak­ten gestal­tet sich oft schwie­rig. Zärt­lich­kei­ten kön­nen nicht mehr aus­ge­tauscht wer­den, sind oft sogar ein Tabu­the­ma. Die älte­ren Men­schen erfah­ren wie­der Gefüh­le und Emo­tio­nen. Sie erle­ben Kör­per­kon­takt mit dem Tier, spü­ren sei­ne Wär­me, sei­nen Atem, sei­ne pul­sie­ren­de Leben­dig­keit. Sie dür­fen dem Tier ihre Zunei­gung und Zärt­lich­keit geben, anstatt selbst nur ver­sorgt zu wer­den. Mit einem Tier las­sen sich auch leich­ter sozia­le Kon­tak­te her­stel­len, und Tie­re hel­fen gegen die gäh­nen­de Lan­ge­wei­le des All­tags. Tie­re ver­trei­ben die Ein­sam­keit und sen­ken nach­weis­lich die Medikamentendosis.
  • Demenz- und Parkinsonerkrankte
  • Men­schen mit kör­per­li­chen oder geis­ti­gen Behinderungen
  • Pati­en­ten mit neu­ro­lo­gi­schen Störungen
  • Depres­si­ve und Suchterkrankte
  • AIDS- und Krebspatienten
  • Koma-Pati­en­ten und Men­schen, die im Ster­ben lie­gen: Hun­de wer­den hier ger­ne ein­ge­setzt, sie hel­fen Druck abzubauen.

Die Wir­kung der Tie­re auf Menschen

Durch die enge Bezie­hung zwi­schen Mensch und Tier, durch die gemein­sa­me Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ebe­ne (non-ver­bal, Kör­per­spra­che), lösen sich Ängs­te und wird das Selbst­be­wusst­sein gestärkt.

In der Begeg­nung mit einem Tier, z. B. mit einem Hund, erfährt der Mensch bedin­gungs­lo­se Lie­be, Zunei­gung und Akzep­tanz. Dies erfah­ren sie von ihren Mit­men­schen meist nicht. Das Tier nimmt uns so an, wie wir sind, ohne Vor­ur­tei­le oder Zwei­fel. Die ver­trau­ens­vol­le Öff­nung des Pati­en­ten dem Tier gegen­über begüns­tigt den Heilungsprozess.

Auch tie­ri­sche The­ra­peu­ten brau­chen eine Auszeit

Tie­re, die päd­ago­gisch oder the­ra­peu­tisch ein­ge­setzt wer­den, sind oft einem hohen Maß an Stress aus­ge­setzt. Kör­per­li­che Zudring­lich­kei­ten, rau­es Zupa­cken, zu vie­le Men­schen, die sich um ein Tier drän­geln, unge­wohn­te Gerü­che oder Bewe­gun­gen durch die Pati­en­ten bedeu­ten für das Tier Stress.

Hunde am StrandWich­tig ist daher, dass Per­so­nen, die the­ra­peu­tisch mit Tie­ren arbei­ten, das Tier oder die Tie­re gut ken­nen, Stress­re­ak­tio­nen des Tie­res erken­nen und gut dar­auf reagie­ren kön­nen. Tie­ri­sche Co-The­ra­peu­ten spü­ren Anspan­nun­gen und Ängs­te ihrer Pati­en­ten, was für sie eine zusätz­li­che Belas­tung dar­stellt. Des­halb braucht das Tier regel­mä­ßi­ge Pau­sen und Erho­lungs­zei­ten. Tie­re sind unse­re Freun­de und haben ein Recht auf ihre eige­ne Lebensfreude.

Alles in allem sind Tie­re als the­ra­peu­ti­sche Hel­fer eine gro­ße Berei­che­rung. Eine ver­ant­wort­li­cher, art­ge­rech­ter Umgang mit den Tie­ren, Sach­kun­de sowie eine spe­zi­el­le Aus­bil­dung ist bei tier-the­ra­peu­tisch Arbei­ten­den unerlässlich.

Wie haben sich Tie­re auf dein Wohl­be­fin­den und auf dei­ne Gene­sung ausgewirkt?

Schrei­be mir. Ich freue mich auf dei­ne Erfahrungen.

Hier noch ein paar Emp­feh­lun­gen, falls Du Dich näher mit der tier­ge­stütz­ten The­ra­pie oder Tie­ren in der Sozia­len Arbeit mit Men­schen befas­sen möchtest:

Was ist eine Krise?

Begriffs­de­fi­ni­ti­on Krise

„Kri­se“ ist ein aus dem Grie­chi­schen stam­men­des Sub­stan­tiv zum alt­grie­chi­schen Verb krín­ein, wel­ches „tren­nen“ und „(unter-)scheiden“ bedeu­tet (auf das glei­che Verb geht auch das Sub­stan­tiv „Kri­tik“ zurück). Es bezeich­net „(Ent-)Scheidung“, „ent­schei­den­de Wen­dung“ (Duden) und bedeu­tet eine „schwie­ri­ge Situa­ti­on, Zeit, die den Höhe- und Wen­de­punkt einer gefähr­li­chen Ent­wick­lung dar­stellt“ (Duden). Dass es sich hier­bei um einen Wen­de­punkt han­delt, kann jedoch oft erst kon­sta­tiert wer­den, nach­dem die Kri­se abge­wen­det oder been­det wur­de. Nimmt die Ent­wick­lung einen dau­er­haft nega­ti­ven Ver­lauf, so spricht man von einer Kata­stro­phe (wört­lich in etwa „Nie­der­gang“).

“Kri­se ist ein Ereig­nis oder eine Situa­ti­on, die als untrag­ba­re Schwie­rig­keit wahr­ge­nom­men wird und wel­che die für die betrof­fe­ne Per­son vor­han­de­nen oder im Moment zur Ver­fü­gung ste­hen­den Bewäl­ti­gungs­stra­te­gien über­for­dert “ (James & Gil­li­land 2001).”

Kurz und knackig:

Kri­se = emo­tio­na­ler Aus­nah­me­zu­stand durch psy­cho­so­zia­le Belas­tun­gen — aku­te Über­for­de­rung – zeit­lich befristet.

 “Als pro­to­ty­pi­scher Aus­lö­ser für Kri­sen gel­ten ‘kri­ti­sche Lebens­er­eig­nis­se’. Das sind (erwar­te­te oder uner­war­te­te) Lebens­er­eig­nis­se mit einer beson­de­ren affek­ti­ven Tönung, die von der Per­son als Ein­schnit­te, Über­gän­ge oder Zäsu­ren im Lebens­lauf betrach­tet wer­den und erheb­li­che Anpas­sungs­leis­tun­gen erfor­dern (Filipp 1997).”

Kri­sen­ty­pen

a) Lebens­ver­än­de­rungs- oder Entwicklungskrise

Bei Ver­än­de­rungs­kri­sen han­delt es sich um Kri­sen, die in sozia­len oder bio­lo­gi­schen Über­gangs- oder Aus­nah­me­si­tua­tio­nen auf­tre­ten können.

 Sozia­le Ausnahmesituationen:

  • Ver­las­sen des Elternhauses
  • Hei­rat
  • Geburt
  • Beren­tung
  • Tren­nung
  • Part­ner­ver­lust
  • Wohn­ort­wech­sel
  • Arbeits­lo­sig­keit
  • Unter­brin­gung im Altersheim

 Bio­lo­gi­sche Ausnahmesituationen:

  • Puber­tät
  • Wech­sel­jah­re
  • Krank­heit
  • Behin­de­rung

“Kenn­zeich­nend für die Lebens­ver­än­de­rungs­kri­se ist, dass hier der “kri­ti­sche Zustand” erst nach einer län­ge­ren Pha­se erreicht wird, nach­dem die Per­son in ihren Bewäl­ti­gungs­ver­su­chen geschei­tert und erschöpft ist (Ber­ger & Rie­cher-Röss­ler 2004).”

Ab wann wird es kritisch?

Es gibt kei­ne objek­ti­ve Situa­ti­on, die zwangs­läu­fig eine Kri­se im Men­schen aus­löst. Jeder beur­teilt sei­ne Situa­ti­on indi­vi­du­ell und sub­jek­tiv. Ob wir eine Situa­ti­on als kri­tisch erle­ben, hängt von unse­rer Ein­schät­zung ab: 

  1. Ein­schät­zung der Bedro­hung der Situation
  2. Ein­schät­zung der Handlungsmöglichkeiten
  3. Ein­schät­zung des Erfol­ges der eige­nen Handlungen

Es kann also sein, dass sich zwei Per­so­nen „objek­tiv“ in der glei­chen Lage befin­den, wobei die eine sich „in einer Kri­se ste­ckend“ emp­fin­det und die ande­re die Bedro­hung als nicht gefähr­lich oder ein­engend ansieht.

b) trau­ma­ti­sche Kri­se (Psy­cho­trau­ma)

Ein Trau­ma ent­steht durch ein über­wäl­ti­gen­des Ereig­nis, das zu schnell, zu hef­tig, zu früh und/oder unvor­be­rei­tet auf den Men­schen ein­wirkt, so dass der Orga­nis­mus eine über­mäch­ti­ge Bedro­hung sei­ner Exis­tenz erlebt und die nor­ma­len Bewäl­ti­gungs­me­cha­nis­men über­for­dert sind. Dies gilt für Men­schen und Säugetiere.

Der ICD-10* defi­niert Psy­cho­trau­ma wie folgt:

  • kurz oder lang anhal­ten­de Ereig­nis­se von
  • außer­ge­wöhn­li­cher Bedro­hung mit
  • kata­stro­pha­lem Aus­maß, die nahe­zu bei jedem
  • tief­grei­fen­de Ver­zweif­lung aus­lö­sen würden

Für trau­ma­ti­sche Erfah­run­gen ist unser Orga­nis­mus nicht ein­ge­rich­tet. Den­noch erlei­den Men­schen und Tie­re schreck­li­che Erfah­run­gen, die Ohn­macht, Todes­angst und Hilf­lo­sig­keit hervorrufen.

*Inter­na­tio­nal Clas­si­fi­ca­ti­on of Desea­ses (aktu­ell in der 10. Fassung)


Lite­ra­tur­an­ga­ben:

Ber­ger P. & A. Rie­cher-Röss­ler (2004): Defi­ni­ti­on von Kri­se und Kri­sen­as­ses­ment. In: Rie­cher-Röss­ler A, Ber­ger P, Yil­maz AT, Stieg­litz RD (Hrsg.) Psych­ia­trisch-psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Kri­sen­in­ter­ven­ti­on. Göt­tin­gen: Hog­re­fe, S. 19–30.

Filipp, H.S. (1997): Kri­ti­sche Lebens­er­eig­nis­se. Mün­chen, Urban & Schwarzenberg.

James, R.K. & B.E. Gil­li­land (2001): Cri­sis inter­ven­ti­on stra­te­gies. Paci­fic Gro­ve, CA, Brooks/Cole.